Effizienz - Konsistenz - Suffizienz

Effizienz, Konsistenz, Suffizienz. Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Staaten, Unternehmen, Privathaushalte, Individuen. Alle reden über Nachhaltigkeit. Manche lassen auf Worte Taten folgen, manche belassen es bei den Worten. Dennoch wissen immer noch nicht genügend Akteure, wie sich Nachhaltigkeit zusammensetzt. Viele denken sofort an die drei Säulen der Nachhaltigkeit. Damit liegen sie teilweise richtig. Moment, warum nur teilweise? – Weil Nachhaltigkeit ebenfalls Strategien beinhaltet. Diejenigen, die sich darüber im Klaren sind, diese verstehen und umsetzen, freuen sich tatsächlich über die Vorzüge der Nachhaltigkeit. Die anderen hingegen verbinden mit Nachhaltigkeit ein qualvolles Dasein, weil sie die Nachhaltigkeitsstrategien falsch anwenden. Drei Bestandteile kennzeichnen den Begriff Nachhaltigkeitsstrategie: Effizienz, Konsistenz, Suffizienz.

Wofür steht der Begriff Nachhaltigkeitsstrategie?

Bevor diese Frage geklärt wird, lohnt sich eine kurze Darstellung des Begriffs Strategie. Sie spiegelt eine gut strukturierte Vorgehensweise wider und dient dazu, um die gesetzten Ziele zu verwirklichen. Das Substantiv stammt aus dem Griechischen. Es ist eine Zusammensetzung aus den Worten Stratos = Herr sowie Agos = Führer. Ihren Ursprung hat die Strategie somit in der Kriegsführung. Dabei ging es um die gesamte Planung einer Schlacht. Taktik stellt das Gegenteil zu Strategie dar, weil sie sich auf kurzfristige, spezifizierte Ziele bezieht. Dennoch agieren Strategie und Taktik als Symbiose. Sie hängen voneinander ab. 

Auch wenn Strategie einst als unabdingbares Werkzeug für den Sieg nach einer Schlacht diente, fand sie einen Übergang zur Unternehmensstrategie. In Betrieben zeigt sie Wege zum Ziel auf. Sie bezieht sich auf den ganzheitlichen Prozess der Schaffung. Des Weiteren fokussiert sie sich auf das Vorhaben, indem sie die Ressourcen, welche zur Verfügung stehen, einbezieht. Mittlerweile sind es weder Waffen noch Soldaten. In der Nachhaltigkeitsstrategie fokussieren sich Unternehmen auf materielle, finanzielle sowie personelle Ressourcen. Diese betten sie ein, um unternehmenspolitische Ziele zu erreichen; natürlich unter der Berücksichtigung der wettbewerblichen, juristischen und politischen Rahmenbedingungen. Somit resultiert auch die Nachhaltigkeitsstrategie aus den in externen sowie internen Gegebenheiten. Daraus ergeben sich die drei nachfolgenden Fragen:

  1. Wer ist unsere Zielgruppe?
  2. Welches Angebot sollten wir ihnen unterbreiten?
  3. Wie sollten wir dabei vorgehen?

(vgl. https://www.onpulson.de/lexikon/strategie/ und https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-19871-2_5)

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Abgrenzung zwischen Effizienz, Konsistenz und Suffizienz

Um das Konzept der Suffizienz zu verstehen, ist eine Abgrenzung zwischen Effizienz, Konsistenz und Suffizienz erforderlich. 

Effizienz repräsentiert clevere, technische Lösungen, die mit einem minimalen Aufwand ein größtmögliches Ergebnis erzielen. Das gilt insbesondere für technische Innovationen. In Bezug auf den Nutzen bemühen sich Hersteller stets darum, diesen gleich zu halten oder – nach Möglichkeit – zu erhöhen.  LED-Lampen dienen als Beweis für den Erfolg von Effizienz. Mikro-Speicherchips und Kühlschränke ebenfalls.

Konsistenz steht in der Nachhaltigkeitsstrategie hingegen für einen Wechsel zu nachhaltigen Energiearten wie Wasser, Sonne, Wind. 

Suffizienz wiederum fungiert als Befürworter für eine Beschränkung, ein “Weniger”. Bei diesem Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen Wirtschaftsakteure, Umweltökonomen, Umweltingenieure sowie die zahlreichen, anderen Wirtschaftssubjekte die Tatsache, dass die natürlichen Rohstoffe einer Beschränkung unterliegen. Klimawandel. Verlust der Biodiversität. Umweltverschmutzung. Ökologischer und CO2-Fußabdruck. Sie stellen das Ergebnis anthropogenen Handelns dar. Weder Energie noch Ressourcen wurden gespart. Der Lebensstil der Menschen hat die Umweltverschmutzung beschleunigt. (vgl. https://www.bund.net/ressourcen-technik/suffizienz/suffizienz-was-ist-das/)

Mittlerweile ist fünf vor zwölf. So kann es nicht mehr weitergehen; besser: Es muss aufhören. Was genau? Der übermäßige Konsum. Jason Hickel, ein Anthropologe aus England, trifft mit seinen Aussagen den Nagel auf den Kopf, indem er für eine andere Wirtschaft plädiert. Er behauptet, dass das Ziel der Ökonomie nicht darin bestehen sollte, Menschen zu einem Konsum von Dingen zu motivieren, die sie definitiv nicht brauchen, nur um das Wirtschaftssystem vor einem Niedergang zu bewahren. Irgendetwas läuft demzufolge falsch. Es ist an der Zeit, die Wirtschaft in eine andere Richtung zu lenken. Deshalb agiert die Suffizienz als willkommene Maßnahme. (vgl. https://www.deutschlandfunkkultur.de/jason-hickel-die-tyrannei-des-wachstums-eine-utopie-zur.1270.de.html?dram:article_id=414327)

In der Politik und in der Unternehmenspolitik verantwortungsbewusster Firmen spielt Effizienz mittlerweile eine unverzichtbare Rolle. Sie stellt einen willkommenen Bestandteil sämtlicher Zukunftsstrategien dar. Auch Kommunen und Stadtwerke wenden den Faktor Effizienz gewissenhaft an. Bei Suffizienz sieht die Realität anders aus, weil sie einen unerwünschten Beigeschmack hat. Er nennt sich unfreiwilliges Verzichten zugunsten der Umwelt. Könnte das denn nicht durch einen staatlichen Eingriff reguliert werden? Könnte: theoretisch ja, praktisch nein. Weshalb? Weil Politiker*innen die Auffassung vertreten, den Menschen keinen minimalistischen Lebensstil, diktieren zu können.

Aus dem Lateinischen stammt der Begriff Suffizienz; genauer gesagt von dem Verb sufficere, dessen Übersetzung genügen und ausreichen bedeutet. In der Nachhaltigkeitsstrategie hingegen verwenden Umweltökonomen den Begriff als die gewünschte Änderung des vorhandenen Konsumverhaltens. Zudem fungiert Suffizienz als Beschreibung eines nachhaltigen Konsums. Selbstbegrenzung, Entschleunigung und Konsumverzicht fallen ebenfalls in die Kategorie der Suffizienz. Jetzt, wo geklärt ist, wofür die Bezeichnung steht, taucht die Frage auf: Wie könnte in der Praxis eine erfolgreiche Suffizienzstrategie aussehen? (vgl. https://www.oeko.de/oekodoc/1318/2011-437-de.pdf)

Effizienz - Konsistenz - Suffizienz
Effizienz – Konsistenz – Suffizienz @umweltmission.de

Wie sieht eine umsetzbare Suffizienzstrategie aus?

Eine Suffizienzstrategie funktioniert, unter einer Bedingung: Die verantwortlichen Wirtschaftsakteure definieren Obergrenzen für das derzeit unbegrenzte Wirtschaftswachstum. Dabei sollten sie die Belastungsgrenzen der Ökosysteme berücksichtigen. Insbesondere die Frage: Inwiefern ist ein zufriedenstellender, suffizienter Lebensstil nach einer reduzierten Umwelt- und Rohstoffnutzung möglich? (vgl. https://www.oeko.de/oekodoc/1836/2013-505-de.pdf)

Fälschlicherweise verbindet eine große Mehrheit mit Suffizienz Einbußen an Lebensqualität. Dabei verfolgt eine umsetzbare Suffizienzstrategie das Ziel, den Bedarf an Produkt- und Dienstleistungen zu senken, ohne unterdessen einen Verzicht von den Wirtschaftssubjekten zu fordern. Auf die Wegwerf-Mentalität fokussiert sich stattdessen die Suffizienz. Und damit liegt sie richtig. Es wandern zu viele Lebensmittel sowie anderweitige Objekte in den Müll (siehe Zero Waste). Genau das muss aufhören. Weshalb herrscht – überwiegend in den Industrienationen – ein Wegwerf-Konsum? – Weil es an regulierenden Maßnahmen mangelt.

Ferner stellt in der heutigen Gesellschaft ein ständiger Konsum die Basis für ein permanentes Wirtschaftswachstum dar. Warum ist das nahezu fatal? Weil Staaten, Unternehmen, Privathaushalte und Individuen ihre Lebensqualität sowie ihren Wohlstand an ihren Konsummöglichkeiten messen. Eine Konsumminderung setzen ausnahmslos alle mit einem quälenden Verzicht gleich. Darüber hinaus dominiert die Denkweise: Jeder, der nicht in der Lage ist, täglich zu konsumieren – was auch immer – lebt in Armut und unterstützt die Wirtschaft nicht. Tragischerweise ist diese Konsumvorstellung in der Wahrnehmung der Gesellschaft verankert. Zudem lässt sie sich schwer durchbrechen. Deshalb setzt die Suffizienzstrategie an diesem Punkt an.

Die Suffizienzstrategie stellt eine gute Möglichkeit dar, um das Problem der Wegwerfgesellschaft zu lösen. Tatsächlich? Ja! Denn sie setzt an der Ursache an. Keineswegs beseitigt die Suffizienz nur die Symptome. Forscher plädieren dafür, lediglich das zu konsumieren, was wirklich benötigt wird. Somit kann theoretisch jede einzelne Person, die Suffizienzstrategie anwenden; wenn sie es nur will. Das fängt schon beim Textileinkauf an. Denn die nachfolgenden Fragen können einen Beitrag zum Erfolg der Suffizienzstrategie leisten: “Brauche ich dieses Kleidungsstück wirklich oder bin ich nur ein Fashion-Victim und kaufe es deshalb?” Würden Modeliebhaber ausschließlich Klamotten kaufen, die sie tatsächlich brauchen, würden sie Fast Fashion den Garaus machen.

Umweltschonung und Reduktion des Rohstoffverbrauchs; dafür steht Suffizienz. Sie verfolgt das Ziel, die Wegwerf-Mentalität in die gegenteilige Richtung zu lenken. Aber nicht nur Privathaushalte, sondern auch – oder gerade – Unternehmen sind bei der Verwirklichung der Suffizienz gefragt. Sie können, wenn sie es nur wollen, Produkte mit einer verlängerten Lebensdauer herstellen. Ein langer Produktlebenszyklus fungiert als gewünschte Basis für eine erfolgreiche Suffizienzstrategie. Schließlich verlängert die Haltbarkeit den Abstand zu einem Neukauf. Folglich findet eine Reduktion der Güterproduktion statt. Dennoch bezieht sich die Haltbarkeit nicht nur auf die Lebensdauer von Gegenständen. Auch die Aktualität spielt eine wichtige Rolle.

(vgl. https://www.bund-bawue.de/themen/mensch-umwelt/nachhaltigkeit/nachhaltigkeitsstrategien/)

Als klassische Produkte der Umweltverschmutzung gelten Smartphones. Ihre Lebenszyklen werden stets kürzer und nicht – wie gewünscht – länger. Die Akkus lassen sich nicht ersetzen, stattdessen sind Verbraucher dazu gezwungen, neue Mobiltelefone zu erwerben. Außerdem lockt das Marketing regelmäßig mit weiteren Technikinnovationen. Auf diesen Trick fallen Smartphone-Anhänger gerne herein. Sie kaufen ein neues Mobiltelefon, obwohl ihr altes noch funktioniert. Dadurch kreieren sie einen Smartphone-Berg, der den Überkonsum wunderbar widerspiegelt. Glücklicherweise haben Smartphone-Hersteller diesen Negativtrend erkannt und eine Änderung in der Herstellung verwirklicht.

Um nicht weiterhin als Sündenbock für den Klimawindel oder den Anstieg des CO2-Fußabdrucks zu gelten, haben Google sowie Motorola ein nachhaltiges Projekt, das den Namen Ara trägt ins Leben gerufen. Denn dieses fokussiert sich auf das Smartphone-Problem. Beim Ara-Projekt haben Smartphone-Besitzer die Möglichkeit, einzelne Telefonbestandteile auszutauschen, sobald diese defekt sind. Dadurch ermöglichen die Hersteller eine permanente oder zumindest längerfristige Aktualität. (vgl. https://www.areamobile.de/Google-Firma-97880/News/Project-Ara-Google-patentiert-modulares-Smartphone-1325466/)

Aus diesem Beispiel geht kristallklar hervor, dass eine gut strukturierte Suffizienzstrategie keinen Verzicht erfordert. Zudem fungiert sie auch nicht als Schwäche. Vielmehr dient der Verzicht als unverzichtbare Methode, einen nachhaltigen Konsum zu unterstützen sowie zukunftsorientiert zu handeln. Es klingt verwirrend, widersprüchlich und es ist dennoch wahr: Suffizienz fördert als unterschätztes und unbekanntes Instrument das Wirtschaftswachstum.

Als weiteres, bereits erprobtes und beliebtes Instrument einer sinnvollen Suffizienzstrategie dient das Konzept von Carsharing. Dabei handelt es sich um eine clevere Nachhaltigkeitsmaßnahme. Personen, die das Auto nutzen, sind nicht die Halter des jeweiligen Fahrzeugs. Sie müssen dennoch keineswegs auf einen Personenkraftwagen verzichten. Stattdessen verlassen sich auf das Carsharing. Ferner sind sie von den nervigen Pflichten, die der Autobesitz mit sich bringt, befreit. Dieser Luxus schont die Umwelt und den Geldbeutel. Zudem punktet Carsharing mit zahlreichen Angeboten. Autofahrer haben freie Wahl. Sie können das Fahrzeug wählen, welches am besten ihren Bedürfnissen entspricht. Idealerweise befinden sich die Kraftfahrzeuge an zahlreichen Standorten. Standortnähe. Sie dient als wichtiger Pluspunkt bei dieser Art von Suffizienzstrategie. Einfachheit. Sie agiert als bedeutender Vorteil bei dieser Art von Nachhaltigkeitsstrategie. Denn eine einzige Kontaktaufnahme mit der Buchungszentrale, die stets erreichbar ist, reicht aus, um ein Fahrzeug zu mieten. (vgl. https://carsharing.de/alles-ueber-carsharing/was-ist-carsharing)

Der Unterschied zwischen Ökosuffizienz und Gütersuffizienz

Suffizienz ist nicht gleich Suffizienz. Es existieren Unterschiede. Bei der Ökosuffizienz geht es um eine Verhaltensänderung der Konsumenten. Sie sollten weiterhin genug haben, um ihren Lebensstil aufrecht zu erhalten, aber dennoch ihr Verhalten zugunsten der Umwelt ändern. Bei den oben genannten Beispielen fungiert Carsharing als wünschenswerte Verhaltensänderung der Autofahrer. Dieses Prinzip fällt in die Kategorie der Ökosuffizienz. Es existieren noch zahlreiche, weitere Beispiele, die für die Unterstützung der Ökosuffizienz stehen. Bestimmte Lebensmittel im Winter: Erdbeeren und Tomaten. Zahlreiche Feinschmecker achten beim Kauf nicht auf die Saison. Ihnen ist wichtig, dass diese Obst- und Gemüsesorten verfügbar sind, obwohl sie weder regional noch saisonal sind. Würden sie ihr Verhalten ändern und Erdbeeren im Mai und Juni kaufen – dann, wenn sie in ihrer Region gepflückt wurden, würden sie einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Ökosuffizienz leisten. (vgl. Industrial Ecology: Erfolgreiche Wege zu nachhaltigen industriellen Systemen; von Arnim Gleich und Stefan Gößling-Reisemann; S. 364)

Gütersuffizienz wiederum impliziert einen gezielten Verzicht auf Güter, Dienstleistungen und Produkte. Bei den Praxisbeispielen wäre das beispielsweise ein Verzicht auf das neueste Smartphone. Dennoch geht daraus hervor, dass die Gütersuffizienz auch ein verändertes Nutzerverhalten enthält. Demzufolge hängen Öko- und Gütersuffizienz unmittelbar zusammen. Es ist nicht wirklich möglich, die beiden isoliert zu betrachten. (vgl. https://www.oeko.de/oekodoc/1836/2013-505-de.pdf ; S. 8ff.)

Die erwähnten Beispiele belegen, dass Suffizienz ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie ist. Zudem lässt sich dieser Aspekt analog zur Effizienz und Konsistenz umsetzen. Dennoch steht die Suffizienz – völlig zu Unrecht – im Schatten der zwei anderen Nachhaltigkeitsbestandteile. Liegt es daran, dass Grenzen existieren? Im nachfolgenden erfolgt eine Erläuterung von Beispielen und Grenzen der Suffizienz.

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Praxisbeispiele, die für weitere Suffizienzpotenziale stehen

TV-Geräte. Ob sie zu den unnötigen oder unverzichtbaren Luxusgütern gehören, hängt von der individuellen Sicht- und Nutzweise ab. Unabhängig davon stehen sie dennoch nahezu in jedem Wohnzimmer. In den Industrieländern oftmals auch im Schlafzimmer, hin und wieder auch im Kinderzimmer. Und nein, Fernseh-Liebhaber müssen keineswegs auf ihren Feierabend-Begleiter verzichten, um den Suffizienzanforderungen Rechnung zu tragen. Stattdessen sollten sie lediglich weniger Fernsehen, denn dadurch können sie Strom sparen. Wie viel Kilowatt pro Stunde sie einsparen, hängt von der Größe des TV-Geräts ab. Bewusst sollte der Fernseher laufen und nicht – wie bei einer großen Mehrheit – nebenher.

Einsparpotenziale existieren demzufolge jedoch nicht nur bei TV-Geräten, sondern auch bei Waschmaschinen und Wäschetrocknern. Die einen achten darauf, wie oft sie die beiden praktischen, unverzichtbaren Haushaltshilfen nutzen, die anderen weniger. Haushalte müssen auch hier nicht auf die beiden Geräte verzichten. Stattdessen sollten sie diese bewusst nutzen. Im Sommer sollte der Wäschetrockner ausbleiben und der Wäscheständer seinen Dienst leisten.  (vgl. https://www.oeko.de/oekodoc/1836/2013-505-de.pdf , S.16 ff.)

Grenzen der Suffizienz

Die Suffizienzstrategie weist Grenzen auf. Hindernisse, Umsetzungsschwierigkeiten, Akzeptanzprobleme. Das genannte Trio beschreibt die Grenzen der Suffizienzstrategie treffend. Einzelne Suffizienzmaßnahmen können Rebound-Effekte verursachen: Bei diesem Effekt werden Zeit oder Geld frei, welche anschließend in andere Produkte investiert werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Wirtschaftsakteure ihr Gewissen damit beruhigen, um an einer anderen Stelle einen nichtnachhaltigen Konsum zu praktizieren. Aber um Suffizienz erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, darauf zu achten, wofür die gewonnene Zeit oder das gesparte Geld genutzt wird. Letztendlich spielt für den ökologischen Nutzen oder Verlust die Investition des Geldes oder der Zeit eine Rolle. Entscheidend für Volkswirtschaften, Unternehmen, Individuen ist ihr Lebensstil. Anhand der Gesamtheit der Konsumentscheidungen lässt sich feststellen, ob die Lebensweise suffizient ist oder nicht. (vgl. https://www.oeko.de/oekodoc/1836/2013-505-de.pdf S. 21)

Individualentscheidungen hängen von anderen Faktoren ab

Es ist einfach an die Vernunft der Individuen zu appellieren und diese zu einem verringerten Konsum zu motivieren. Doch eine Tatsache sollte dabei keineswegs außer Acht gelassen werden: Die Entscheidungen eines Privathaushaltes hängen von dem politisch-ökonomischen Umfeld der Wirtschaftssubjekte ab. Die Lebenswelt der Menschen unterliegt jedoch gesetzlichen Regelungen. Zudem haben die Produkt- und Dienstleistungsangebote der Industrie, die Macht das Konsumverhalten zu beeinflussen. 

Aus dieser Feststellung geht eindeutig hervor, wie sinnlos es ist, die Verantwortung für eine erfolgreiche Güter- und Öko-Suffizienz auf Verbraucher zu übertragen. Ohne eine Herstellungsweise, welche die Suffizienzstrategie unterstützt, werden Unternehmen kein verändertes Konsumverhalten erzielen. Die Industriestrategien auf der Makro- und Mikroebene sollten in Suffizienz-Richtung schreiten. Makro steht für Regulierungen und Mikro für das Agieren der Unternehmen. 

Die genannten Schwierigkeiten zwischen Unternehmen und Haushalten verdeutlichen, weshalb es sich bei Suffizienz um einen Härtefall in der Nachhaltigkeitsstrategie handelt. Woran liegt das? Nun, an der Tatsache, dass Suffizienz weniger mit der aktuellen Marktlogik harmoniert. Wohingegen die Effizienz genau diese Fähigkeit aufweist: Unternehmen verbessern ihre ohnehin schon bestehenden Produkte. Wodurch weiterhin ein Wirtschaftswachstum stattfindet. Suffizienz jedoch fordert Wirtschaftsakteure dazu auf, Lösungen zu entwickeln, welche dem Prinzip: “Weniger ist mehr” Rechnung tragen. Und dennoch soll wirtschaftlicher Erfolg gewährleistet sein.

Wahre Nachhaltigkeit lässt sich nur verwirklichen, wenn die Makro- und die Mikroebene wirtschaftlichen Handelns miteinander kooperieren. Beide Größen müssen Teil einer Gleichung sein. So gesehen können Öko- und Gütersuffizienz zu dem Ergebnis führen, welches den Namen doppelte Entkopplung trägt: Eine Reduktion der materiellen sowie energetischen Bedürfnisse des Wirtschaftswachstums bei der gleichzeitigen Verwirklichung eines erhöhten Wohlstands mit einem verringerten Wirtschaftswachstum. Uff. Das muss ein man erst einmal verdauen, geschweige denn umsetzen. Selbst Wirtschaftswissenschaftler drängen – unter anderem aus diesem Grund – die Suffizienz in den Hintergrund und prahlen stattdessen mit der Effizienz.(vgl. https://www.foeeurope.org/sites/default/files/resource_use/2018/foee_sufficiency_booklet.pdf , S. 25)

Zufriedenheit als unterschätzter Motivationsfaktor für das Verwirklichen eines suffizienten Lebensstils?

Unternehmen benötigen Regulierungen sowie die Möglichkeit auf eine bessere Marktpositionierung, um den Anforderungen der Suffizienz Folge zu leisten. Bei Individuen sieht es ein wenig anders aus. Was motiviert einzelne Menschen, das Prinzip der Suffizienz anzuwenden? Zufriedenheit. (vgl. https://www.foeeurope.org/sites/default/files/resource_use/2018/foee_sufficiency_booklet.pdf ; S. 27)

Weshalb gerade Zufriedenheit? Weil sie im Alltag eines Menschen eine wichtige Rolle spielt. Könnte sie deshalb als treibende Kraft in puncto Suffizienz dienen? Ja. Weshalb? Weil sie im Arbeitsleben darüber entscheidet, ob eine Person ihre gewählte Tätigkeit gewissenhaft und bis zum Vertragsendzeitpunkt oder Rentenalter ausführt. Die Arbeit eines Menschen stellt seine stärkste Bindung an die Realität dar. Ob eine Person ihrer Tätigkeit gerne nachgeht, hängt nicht – wie von einer großen Mehrheit vermutet – von der Entlohnung, sondern von der Zufriedenheit ab. Wenn ein Individuum unzufrieden mit seiner Arbeit und dem dazugehörigen Umfeld ist, ist es nur eine Frage der Zeit, wann eine Kündigung folgt, aber nicht, ob sie folgt. 

Zufriedenheit ist somit elementar. Wenn sie im Alltag eines Menschen fehlt, treten zunächst psychische Krankheiten, die sich anschließend in physische Leiden verwandeln, auf. Zufriedenheit spielt nicht nur bei beruflichen Tätigkeiten eine wichtige Rolle. Zufriedenheit ist auch in zwischenmenschlichen Beziehungen ein wichtiger Schlüsselfaktor, der viel über die Qualität der jeweiligen Beziehung aussagt. Zufriedenheit motiviert Menschen, besser zu werden. 

Deshalb könnte Suffizienz bei den Verbrauchern erfolgreich sein, wenn sie deren Zufriedenheit aufrechterhält. Bei diesem Bestandteil der harten Nachhaltigkeit geht es, vereinfacht gesagt darum, weiterhin die Bedürfnisse der Konsumgesellschaft zu befriedigen – auf eine andere Art. Denn die Bedürfnisse der Menschen sind endlich und klassifizierbar. Diese Gleichung geht auch dann auf, wenn die Wirtschaft durch ein kontinuierliches Wachstum gezeichnet ist. Zwar arbeitet die Ökonomie stets daran, die Grundbedürfnisse des Menschen als unendlich sowie unersättlich zu kategorisieren, doch eine intensive Auseinandersetzung mit den menschlichen Grundbedürfnissen beweist das Gegenteil.  (vgl. https://www.foeeurope.org/sites/default/files/resource_use/2018/foee_sufficiency_booklet.pdf)

Als Fazit lässt sich somit festhalten, dass Menschen zufrieden sind, wenn ihre Grundbedürfnisse gedeckt sind. Als gute Erklärung dient die Bedürfnispyramide von Maslow. Sie setzt sich aus fünf Stufen zusammen. Auf dem Grund befinden sich die Grundbedürfnisse: Nahrung, Flüssigkeit, Schlaf, Unterkunft, Gesundheit. Auf zweiter Stufe folgen die Sicherheitsbedürfnisse: Schutz, Erst wenn die zwei Stufen erfüllt sind, kommen die sozialen Bedürfnisse, die sich in dem Wunsch nach einem gesunden, sozialen Umfeld, Zuneigung, Teilhabe und Verständnis äußern. Auf der vierten Stufe befinden sich die Individualbedürfnisse. Auf der Spitze der Pyramide liegt die Selbstverwirklichung. 

Was haben denn die Bedürfnisse mit der Suffizienzstrategie zu tun? – Einiges. Sie können ebenso nachhaltig sein. Somit liegt es nicht an den Bedürfnissen eines Menschen, dass die sogenannte Nicht-Nachhaltigkeit dominiert, sondern an der Konsumstruktur. Dadurch verfügt die Industriepolitik über eine große Macht und entscheidet darüber, ob Suffizienz erfolgreich umgesetzt wird oder nicht. (vgl. https://www.foeeurope.org/sites/default/files/resource_use/2018/foee_sufficiency_booklet.pdf , S. 26 ff.)

Umsetzbare, private Effizienzmaßnahmen

  • Seltene Flugreisen
  • Kleinere Wohnungen
  • Bevorzugung von ÖPNV und Carsharing
  • Gesund und fleischarm Essen
  • Kleinere TV- und Kühlschrankgeräte
  • Kleinere TV-Ausstattung (TV, Hifi, Computer) 

Die genannten Maßnahmen sind umsetzbar. Es liegt zudem auch nicht daran, dass die Personen kein Interesse daran haben, die Suffizienz in ihren Lebensstil zu integrieren.  Stattdessen mangelt es an Informationen über die Vorzüge der Suffizienz.

Bedürfnispyramide nach Maslow
Bedürfnispyramide nach Maslow

Fazit zur Suffizienz

Suffizienz mindert weder die Lebensqualität noch verlangt sie einen Verzicht in Bezug auf die menschlichen Bedürfnisse. Wie die Bedürfnispyramide von Maslow bestätigt, sind die menschlichen Bedürfnisse von Natur aus klein, endlich und keineswegs groß und unendlich. Manipulationen und falsche Werbemaßnahmen vermitteln den Eindruck, dass der Mensch viel mehr braucht, um glücklich und zufrieden zu sein. 

Dennoch bedeutet das noch lange nicht, dass Suffizienz keine Aussicht auf Erfolg hat. Schließlich kehren immer mehr Privathaushalte der Konsumgesellschaft den Rücken zu: Slow Fashion statt Fast Fashion, regionale Lebensmittel, das Auto für kurze Strecken stehen lassen, weniger Fliegen und Zugreisen bevorzugen. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Wichtig ist nur, dass es eine positive Trendwende zugunsten der Umwelt gibt. 

In englischsprachigen Räumen dominiert ein weiterer Trend, der Suffizienz nicht besser widerspiegeln könnte: Tiny-Houses. Ihre Größe beläuft sich zwischen 15 und 45 Quadratmetern. Dieses Beispiel steht für eine Suffizienzstrategie, die den verschwenderischen Lebensstil bekämpft. Außerdem beweist die steigende Nachfrage nach Tiny und Small Houses, dass im Unterbewusstsein der Menschen die Suffizienz tief verankert ist. Die Herausforderung besteht nur darin, diese zum Leben zu erwecken.

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